Vierunddreißigstes Kapitel

 

Kann sich noch jemand an das Kapitel erinnern, in dem ein Paradoxon erwähnt wurde? Oder kommt dieses Kapitel erst noch? Das ist auch möglich. Nur hätten wir es dann mit einer Erinnerung an die Zukunft zu tun. Oder auch mit einer Erinnerung an eine Vergangenheit, in der jedoch eine Erinnerung an eine Zukunft stattfindet, die aber selbst, vom jetzigen Zeitpunkt ausgesehen, in der Vergangenheit liegt, nur mit einen kleinen Umweg über eine noch fernere Vergangenheit und eine von da aus gesehene Zukunft, die zwischen dem Jetzt und der noch ferneren Vergangenheit liegt. Klar und deutlich. Wie immer. Und mit der Möglichkeit, nach Belieben weitere Schleifen hinzuzufügen. Doch genug davon. In dem erwähnten, oder noch zu erwähnenden, Paradoxon ging es, oder wird es gehen, um die Zeit. Nein, das ist nicht ganz richtig. Es ging, die Zukunftsform lassen wir ab jetzt weg, um die Abwesenheit von Zeit und darum, was die Abwesenheit von Zeit ermöglicht. Nämlich das Paradoxon. Da also das Paradoxon seinerseits keinerlei Vorgaben machen kann, wie schnell, oder sogar in welche zeitliche Richtung, etwas abläuft, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, und man kann dem Paradoxon die unterschiedlichsten Zeitverläufe aufprägen. Genau, so war das. Insofern ist alles gesagt für den Fall, dass man es mit einer Situation zu tun hat, in der die vermeintlichen Akteure keine eigene Zeit besitzen, also ihre Veränderungen nicht selbst hervorbringen. Daher sind es tatsächlich nur dem Namen nach Akteure. Besser man stellt sie sich vor als Maschine, wo jeder Schritt exakt definiert ist und nur das Tempo und die Richtung der Ausführung frei gestaltbar sind. Das ist die Situation. Denn so schön so eine gewaltige Vereinfachung auch sein mag, und das Weglassen der Zeit ist schon eine größere Sache, verliert man doch etwas sehr Wesentliches. Man verwandelt Handlungsfähiges in bloß Maschinelles. Und sei auch das bloß Maschinelle möglicherweise zunächst nur ein abstraktes Konstrukt des sogenannten menschlichen Geistes, so besteht wenigstens die Möglichkeit, das Ganze technisch nachzuvollziehen. Das hat beispielsweise bei Vogelflug recht gut funktioniert. Und es ist ja auch ganz gut, dass Flugzeuge bloß Maschinelles sind, weil man sonst statt Piloten Flugzeugflüsterer bräuchte, die sich gut auf die zu leistende Kommunikation verstehen. Demnach bringt Handlungsfähigkeit Abläufe hervor, die man gern mit dem Begriff der Zeit beschreibt. Sollte man also auf die Idee kommen, in etwas Maschinelles so etwas wie Zeit einbauen zu wollen, dann muss man das Maschinelle nur dazu bringen, selbständig zu handeln. Was letztendlich nur bedeutet, die Abstraktion umzukehren, die ja letztendlich nichts anderes macht, als alles auf einen einzigen logischen Ort zu reduzieren. Wie man logische Orte vervielfacht und interagieren lässt? Da wird es ganz schnell recht kompliziert. Ich glaube, das hatte ich möglicherweise schon mal in einem anderen Kapitel angedeutet. Aber so ist es eben. Am Ende lässt sich alles auf eine einzige, grundlegende Thematik zurückführen. Wenig überraschend. Der Ausflug zum Thema Zeit war so ausführlich gar nicht geplant gewesen, denn eigentlich sollte es um etwas anderes gehen. Doch hat sich die Sache mit dem Paradoxon ohne Zeit angeboten, eben weil es so einfach ist. Etwas verzwickter, aber wirklich nur etwas, wird es, wenn man dem Akteur seine Handlungsfähigkeit lässt, jedoch seine Handlungen so beurteilt, als hätte er keine Handlungsfähigkeit. Das klingt an sich schon sehr merkwürdig, ja geradezu an den Haaren herbeigezogen, was es auch ist, denn diese Sache ist wirklich rein theoretischer Natur, was nicht heißt, dass man dabei nichts lernen könnte. Im Gegenteil. Ich denke, jedem ist klar geworden, worum es hier geht. Oder auch was passieren wird, wenn der Akteur eine Aussage zu seiner Handlungsfähigkeit macht und die ganze Situation anschließend auf den einen und einzigen logischen Ort reduziert wird. Plötzlich ist es da, das Paradoxon. Das ist aber auch blöd, dass Handlungsfähiges zu so solchen Kreationen in der Lage ist. Dabei behandelt man es doch nur nach den Regeln, die beim Maschinellen so ausgezeichnet funktionieren. Und jetzt geht das plötzlich nicht mehr, weil damit in der Welt des Maschinellen ein Paradoxon entsteht? Letztendlich zeigt das Paradoxon nur, dass man etwas falsch gemacht hat. Lässt man die Welten getrennt, gibt es kein Paradoxon. Wie langweilig! Soweit so gut. Nur eine Sache sollte man nicht vergessen. Das Handlungsfähige ist der Erzeuger des Maschinellen. Warum an dieser Stelle dieser Hinweis? Weil das Maschinelle das Ende der Handlungen und der Zeit bedeutet. In diesem Sinne. Gute Nacht!