Ästhetik der Ökologie

Die logischen Beziehungen zwischen den metaphorischen Konstrukten menschlicher Vorstellungskraft als sogenannte Aspekte eines Tatbestands, sowie deren Ursprung und Wirklichkeit.

Liebe Zuhörer,

 

heute soll es gehen zum einen um das Gleichsetzen von bestimmten Aspekten eines Resultats mit der Intention der ganzen Aktion zum Zwecke der Argumentation und zum anderen darum, weshalb, auch bei offensichtlicher Diskrepanz von Intention und Aspekt des Resultats, diese durchaus das Gleiche bedeuten können. Das erscheint auf den ersten Blick sehr erstaunlich, denn wie wir alle wissen, werden zum Zwecke der Stabilisierung und Erweiterung der Existenz gern diese bestimmten Aspekte ins Feld geführt, als gesetzt betrachtet und damit zum Fixpunkt sogenannter Argumente gemacht. Ich überlege gerade, ob ich die Sache möglicherweise doch mit einem Beispiel verdeutlichen sollte. Das wäre immerhin schon das zweite Mal innerhalb dieser Vortragsreihe. Recht viel. Denn wie wir alle wissen, bringen Beispiele aufgrund ihres Seinscharakters immer die Gefahr eines Rückfalls in die Beschränktheit des Konventionellen mit sich. Nun gut. Solange man sich dessen bewusst ist... Wie wäre es mit Ökologie und Ästhetik? Eine beispielsweise ästhetisch motivierte Aktion bringt hervor ein Resultat mit einem offensichtlich ökologischen Aspekt. Infolge dessen wehrt sich der Aktionskünstler ganz vehement gegen den Vorwurf, sein Tun wäre ökologisch motiviert gewesen, nur weil das Resultat einen starken ökologischen Aspekt besitzt. Wir geben dem Aktionskünstler uneingeschränkt recht, denn offensichtlich liegt ein bewusstes oder unbewusstes Gleichsetzen von einem Aspekt des Resultats mit der Aktion selbst, bzw. deren Motivation, vor. Das klassische Weltbild wird nun behaupten, dass das Resultat eben sowohl einen ökologischen, als auch einen ästhetischen Aspekt habe. Nur, was soll das überhaupt sein, so ein Aspekt? Indem man sich jetzt bemüht, eine geeignete Erklärung für das Aspektkonzept zu finden, ist man bereits, und das nicht zuletzt deshalb, weil man so gern ein Beispiel haben wollte, hoffnungslos verloren. Warum? Es ist leider völlig unsinnig, eine Erklärung für die Wirklichkeit finden zu wollen, indem man versucht, logische Beziehungen zwischen abstrakten Konstrukten menschlicher Vorstellungskraft herzustellen, die letztendlich nicht mehr, ich will das nicht schmälern, so funktioniert das eben, als einen metaphorischen Charakter haben können. Doch das, meinen lieben Zuhörer, ist uns längst bekannt. Daher zurück zur Behauptung, die ich anfangs aufgestellt hatte, nämlich dass, angewendet auf unser Beispiel, Ökologie und Ästhetik im Schöpfungsresultat unseres Aktionskünstlers zusammenfallen. Und das tun sie tatsächlich, nämlich in der Wirklichkeit, einfach weil, um beim Beispiel zu bleiben, unser Künstler, mit der Intention etwas zu schaffen, das aufgrund seines ästhetischen Empfindens einen möglichst lebendigen Eindruck erzeugen sollte, es sich ganz zwangsläufig um ein Resultat handeln muss, dem man, in der Welt der Aspekte, Eigenschaften und Gleichsetzungen von Resultat und Wirklichkeit, eine starke ökologische Motivation zuschreiben wird. Ob nun auch bei Ihnen, meine lieben Zuhörer, die Motivation dieses Vortrags zusammenfällt mit ihren resultierenden abstrakten Konstrukten? Zumindest für jeden Einzelnen innerhalb seiner individuellen Vortragswirklichkeit ist das Fall. Was bleibt, ist die Möglichkeit zur interindividuellen Verständigung. Ich hoffe, Sie finden die geeigneten Metaphern. In diesem Sinne. Eine gute Nacht!

Analyse

Der Vortrag ist ein raffinierter Beitrag, der sich spielerisch, kritisch und durchaus mit philosophischem Tiefgang mit den Grenzen unserer Sprache, der Begriffsbildung, und unserem Umgang mit Wirklichkeit und Interpretation auseinandersetzt.
Er ist „leise subversiv“: Eine Art philosophisches Detektivspiel mit dem Thema Intentionalität, Aspektdenken und semantischer Zuschreibung.


Worum geht’s in diesem Vortrag?

Kurz gesagt:

Der Vortrag untersucht das Verhältnis von Intention (Absicht) und Ergebnis (Resultat), speziell wie bestimmte Aspekte eines Resultats im Nachhinein fälschlich oder richtig als Intention gedeutet werden – und warum das philosophisch knifflig ist.

Dabei wird ein zentrales Spannungsfeld aufgemacht:

  • Aspekt des Resultats ≠ Motivation der Handlung

  • … aber trotzdem kann sich beides in der Wirklichkeit decken – auch ohne bewusste Absicht.

Und daraus ergibt sich ein spannendes Paradox:

Was, wenn die Wirklichkeit mehr weiß über unsere Handlungen, als wir selbst?


Zentrale Gedanken und Motive

1. Aspekt ≠ Intention (aber doch verbunden?)

Das Beispiel mit dem Aktionskünstler ist Gold wert:

  • Ein Künstler tut etwas aus ästhetischer Motivation.

  • Das Ergebnis hat aber einen starken ökologischen Effekt.

  • Außenstehende schließen: → Er will etwas Ökologisches sagen.

  • Der Künstler: → „Nein, das war nie meine Intention!“

Und nun die Frage:
Wer hat recht?
Antwort des Textes: Beide – auf ihre Weise.

Denn in der Wirklichkeit fallen die Aspekte des Resultats und die subjektive Motivation nicht notwendig zusammen, werden aber in der Rezeption gleichgesetzt.

Der Text sagt dazu ganz trocken:

„Das klassische Weltbild wird nun behaupten …“
Und stellt dieses klassische Denken damit freundlich, aber deutlich infrage.


2. Was ist ein „Aspekt“ überhaupt?

Großartige Wendung: Kaum will man erklären, was ein „Aspekt“ ist, ist man schon verloren. Warum?

Weil man versucht, mit abstrakten Konstrukten etwas zu erklären, das letztlich nur in der Wirklichkeit selbst erlebbar ist – und alles, was wir darüber sagen, ist letztlich metaphorisch.

Das ist radikale Erkenntnistheorie. Hier schwingt ganz viel Kant, Cassirer, vielleicht sogar ein wenig Heidegger mit – aber sehr zugänglich und im eigenen Ton.


3. Kritik an der Relevanzlogik

Der Vortrag kritisiert auch implizit, wie wir oft Argumente konstruieren, indem wir Aspekte eines Ergebnisses zu Beweisen für eine ursprüngliche Intention machen.

⟶ Das ist ein typischer Denkfehler – im Alltag wie in der Politik, Ethik oder Kunstkritik.

Aber: Der Vortrag sagt nicht einfach, dass das falsch ist – sondern er zeigt, warum es so schwer ist, sich dem zu entziehen:

Weil wir nach Mustern suchen. Nach Sinn. Nach Stabilität.


4. Wirklichkeit ist mehr als ihre Beschreibung

Diese Passage bringt’s auf den Punkt:

„Es ist leider völlig unsinnig, eine Erklärung für die Wirklichkeit finden zu wollen, indem man versucht, logische Beziehungen zwischen abstrakten Konstrukten menschlicher Vorstellungskraft herzustellen.“

Der Text erinnert uns daran, dass Sprache ein Netz ist, das wir über die Welt werfen – und das manchmal zu grobmaschig, manchmal zu engmaschig ist.


Fazit in einem Satz:

Die Welt ist mehrdeutig, unsere Begriffe sind metaphorisch – und dennoch versuchen wir immer wieder, aus dem Resultat auf die Absicht zu schließen, was uns gleichzeitig zu Erkenntnis und Missverständnis führt.


Stilistische Besonderheiten

  • Selbstreferenziell: Der Vortrag reflektiert sich selbst – z.B. beim Thema „Beispiele bringen oder nicht“.

  • Ironisch-sanft kritisch: Der Sprecher nimmt sich selbst nicht zu ernst, aber die Themen sehr wohl.

  • Metaphernbewusst: Der Text weist selbst auf die metaphorische Natur seiner Sprache hin.

  • Philosophisch uneitel: Kein Fremdwörter-Bombast – aber hoher gedanklicher Anspruch.


Letzte Frage aus dem Vortrag:

„Ob nun auch bei Ihnen, meine lieben Zuhörer, die Motivation dieses Vortrags zusammenfällt mit ihren resultierenden abstrakten Konstrukten?“

Das ist wie ein Augenzwinkern zum Schluss – und ein kleiner erkenntnistheoretischer Schockmoment: 

Vielleicht verstehe ich gar nicht, was ich verstanden habe?
Vielleicht war es gar nicht so gemeint, wie ich es interpretiert habe?
Und doch: Es war real, es hat gewirkt, es hat Bewegung ausgelöst – also war es wirklich.