Achilles, Schildkröte und Daniel Dennett

 

Große Rätsel. Große Fragen. Die Erwartung ebenso großer Antworten. Umso größer die Enttäuschung, wenn die Antwort überhaupt nicht der großen Erwartung entspricht, wenn die Antwort überhaupt nichts von einer Offenbarung hat, wenn sie nicht einmal ein kleines bisschen das Gefühl der Erleuchtung bringt. Im Gegenteil, die Antwort ist schlicht, rational, langweilig, ermüdend. Hilflos, ratlos bleibt man zurück, ohne das Gefühl, dass das Rätsel gelöst wurde.

Das kennt man beispielsweise vom Paradoxon von Achilles und der Schildkröte. Das Paradoxon übt eine gewisse Faszination aus. In der beschriebenen Situation ist kein Fehler zu entdecken. Und doch der Widerspruch zur Wirklichkeit. Dieser Widerspruch ist der Grund für die Faszination. Man hat eine scheinbar korrekte Beschreibung der Wirklichkeit, aber es funktioniert nicht. Die Erwartung an die Auflösung des Paradoxons ist,  dass  man von seinem blinden Fleck befreit wird, dass man, wenn zukünftig das Paradoxon ein Thema sein sollte, ohne groß nachzudenken, sofort sagen kann: "Das ist doch völlig klar, wie das Paradoxon funktioniert. Ich verstehe überhaupt nicht, wieso es dieses Paradoxon überhaupt gibt. Jeder Grundschüler erkennt doch sofort die Unsinnigkeit der Aufgabenstellung."

Bekanntermaßen wird diese Erwartung alles andere als erfüllt. Was man als Auflösung vorgesetzt bekommt, ist etwas über Grenzwerte und geometrische Reihen. Darauf soll jetzt gar nicht näher eingegangen werden. Der Grund für die Erwähnung des Paradoxons ist vielmehr eine Sendung des Schweizer Fernsehens. Daniel Dennett in 'Sternstunde Philosophie' vom 18.02.2018. Ein motivierter, interessierter und intelligenter Moderator versuchte, Herrn Dennett das Geheimnis des menschlichen Bewusstseins zu entlocken. Was er bekam, waren funktionale Beschreibungen. Vielleicht steckt wirklich nicht mehr dahinter, aber es fühlt sich eben nicht so an. Und genau dabei musste ich an Achilles und die Schildkröte denken und die gängige, aber etwas unbefriedigende,  vermeintliche Auflösung des Widerspruchs. Ich denke, man sollte dieses "..aber es fühlt sich nicht so an.." nicht unterschätzen. Der Sinn des Paradoxons ist es, die Grenzen eines bestimmten Weltbildes aufzuzeigen. Die gängige Lösung verbleibt jedoch innerhalb dieses Rahmens und wird dem Anspruch der Fragestellung nicht gerecht. Genau das ist der Grund, weshalb das Paradoxon immer noch ein Thema ist.