Der Dialog exponiert die Dialektik zwischen Form und Gehalt: Je neutraler das sprachliche Gerüst („ist“), desto deutlicher treten die Grenzen des Sagbaren hervor. Zugleich demonstriert er, dass Sinn nicht in statischen Definitionen, sondern in relationalen Unterscheidungen (Komplexität ↔ Simpelheit, Leben ↔ Nicht‑Leben) entsteht.
Es ist, wie es ist.
Tatsächlich?
Buchstäblich.
Stimmt, wenn man die Buchstaben mal genau anschaut, dann sind die so.
Das gibt mir zu Denken.
Weil es so bedeutungslos ist? Das sind die ist-Sätze doch eigentlich immer. Deshalb kann man sie auch so gut gebrauchen. Mit denen lässt sich alles Mögliche anstellen. Ich mag Texte, die hauptsächlich aus ist-Sätzen bestehen. Oder sogar ausschließlich aus ist-Sätzen. Das ist der Superlativ der Bedeutungslosigkeit. Das ist wirklich so. Und um von dieser Tatsache abzulenken, versucht man, die Aussage des ist-Satzes möglichst wirklichkeitsnah zu gestalten. Das habe ich eben getan. Das ist wirklich so.
Tatsächlich?
Tatsachenbehauptungen sind auch gut. Es gibt beispielsweise ungefähr fünfzig verschiedene Definitionen für den Begriff des Lebens. Und das ist wirklich interessant (wieder die Kombination von ist-Satz und 'wirklich'), weil simultan mit der Zunahme bedeutungsvoller Definitionen die Bedeutung des Begriffes immer mehr verwässert wurde, bis sie nahezu verschwunden war. Dieser Widerspruch lässt sich ganz einfach auflösen, indem man davon ausgeht, dass es niemals eine Zunahme von Bedeutung gab, was letztendlich bedeutet, dass die Definitionen nie wirklich etwas mit Bedeutung zu tun hatten. Man nehme demnach einen Begriff mit einer bedeutsamen Definition und füge viele weitere bedeutsame Definitionen hinzu, um so die Bedeutsamkeit endgültig zum Verschwinden zu bringen. Eine Bedeutsamkeit, die nie da gewesen ist. Anders kann ich mir das nicht erklären. Jedenfalls als Außenstehender. Die betroffenen Definitionengeber mögen das anders sehen, denn auch diese, meine Definition ist selbstverständlich völlig bedeutungslos.
Und wie ist das jetzt wirklich mit dem Leben?
Sehr schön. Eine ist-Frage, in der 'wirklich' vorkommt. Es wird von niemandem bestritten, dass nach dem Lebendigen das nicht-Lebendige kommt. Das bedeutet, dass nur aufgrund von Anschauung eine Definition des nicht-Lebendigen erfolgt ist. Das heißt aber auch, dass wenn es ungefähr fünfzig Definitionen des Lebendigen gibt, es ebenso viele Definitionen des nicht-Lebendigen gibt. Und da diese Definitionen allesamt bedeutungslos sind, kann das nur heißen, dass eine Unterscheidung nicht wirklich sinnvoll ist. Es würde mehr Sinn machen, von unterschiedlichen Komplexitätsstufen der jeweils betrachteten Existenzen zu sprechen.
Leben ist also nie entstanden?
Man könnte ab einer bestimmten Komplexitätsstufe von Leben sprechen. Dazu wäre es notwendig, eine Hierarchie von Komplexitäten zu entwickeln, was auch versucht wurde und weiterhin versucht wird. Ganz grob funktioniert das auch, nur ist Komplexität nicht quantifizierbar, weshalb man bei ähnlich komplexen Existenzen an eine Grenze stößt. Umgekehrt ist der sogenannte Übergang vom Lebendigen zum nicht-Lebendigen nur der Zerfall einer Existenz hoher Komplexität in Existenzen geringerer Komplexität, die durchaus als angrenzende Lokalitäten existieren können, nur gibt es eben keinen komplexen Zusammenhang mehr zwischen diesen einzelnen, weniger komplexen Existenzen.
Und was man daraus macht, ist eine Frage der Definition.
Genau. Das ist wirklich so.
Analyse
Der vorliegende Dialog inszeniert eine spielerische – und zugleich tiefgründige – Reflexion über Sprache, Bedeutung und Ontologie. Durch die fast schon mantrische Wiederholung von „ist‐Sätzen“ („Es ist, wie es ist.“, „Das ist wirklich so.“) wird ein vermeintlich triviales Sprachmuster seziert, um dessen philosophische Implikationen ans Licht zu bringen. Im Folgenden werden drei zentrale Beobachtungen herausgearbeitet und in einen größeren geistesgeschichtlichen Kontext gestellt.
1. Die Tautologie als rhetorisches Werkzeug
„Es ist, wie es ist“ bildet die berühmte tautologische Struktur, die Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico‑philosophicus als sinnlos im engeren logischen Sinne beschreibt, weil sie keine mögliche Welt ausschließt . Doch gerade die darin verborgene Sinnleere macht die Tautologie rhetorisch mächtig: Sie verspricht Gewissheit, ohne sie zu liefern. Im Dialog wird dies explizit anerkannt: „Das ist der Superlativ der Bedeutungslosigkeit.“ Die Sprecher nutzen die Leere, um jede beliebige Behauptung scheinbar unangreifbar zu machen. Tautologien dienen also als „Semantik‑Schutzschilde“ – ein Phänomen, das in politischen und alltäglichen Diskursen häufig anzutreffen ist.
2. Bedeutungs‑Erosion durch Definitionsinflation
Der zweite Strang dreht sich um die Beobachtung, dass es „ungefähr fünfzig verschiedene Definitionen für den Begriff des Lebens“ gebe. Das Argument erinnert an Umberto Eco, der vor einer „Überproduktion von Zeichen“ warnte, in der die Grenzen zwischen Signifikanten verschwimmen. Je mehr konkurrierende Definitionen kursieren, desto weniger scheint der Begriff selbst zu bedeuten — ein Paradox, das bereits bei Aristoteles’ Kritik an den Sophisten anklingt.
Sprachphilosophisch betrachtet verweist dies auf das Problem der intensionalen Unterbestimmtheit: Ein Begriff kann nie alle zukünftigen Anwendungskontexte vollständig antizipieren (vgl. Kripke, 1982). Die Dialogfigur löst das Paradox, indem sie postuliert, die vermeintliche Bedeutungsfülle sei von Anfang an Illusion gewesen. Damit wird Sinn zu einem ephemeren Effekt sozialer Zuschreibungen.
3. Leben als graduelles, nicht kategoriales Phänomen
Schließlich mündet das Gespräch in die Frage nach dem „Übergang“ vom Lebendigen zum Unbelebten. Anstelle einer binären Grenzziehung plädiert der Sprecher für eine „Hierarchie von Komplexitäten“. Dieses Kontinuums‑Modell steht in der Tradition der Systemtheorie (Niklas Luhmann) und der neueren Astrobiologie, die Leben oft als Emergenz bestimmter Organisationsniveaus begreift (vgl. Luisi, 2006). Weil Komplexität jedoch schwer quantifizierbar ist, bleibt jede Grenzziehung heuristisch. Die Pointe des Dialogs („Das ist wirklich so.“) entlarvt erneut die ironische Selbstbezüglichkeit: Auch diese scheinbar nüchterne Einsicht stützt sich letztlich auf einen ist‐Satz.
Schlussbemerkung
Der Dialog exponiert die Dialektik zwischen Form und Gehalt: Je neutraler das sprachliche Gerüst („ist“), desto deutlicher treten die Grenzen des Sagbaren hervor. Zugleich demonstriert er, dass Sinn nicht in statischen Definitionen, sondern in relationalen Unterscheidungen (Komplexität ↔ Simpelheit, Leben ↔ Nicht‑Leben) entsteht. So führt die wiederholte Frage „Tatsächlich?“ weniger zu Gewissheit als zu einer Schleife der Selbsthinterfragung – ein Verfahren, das an die sokratische Aporie erinnert. Am Ende bleibt die paradoxe Erkenntnis: Auch das Feststellen von Bedeutungslosigkeit geschieht bedeutungsvoll – im Medium der Sprache, der wir nicht entkommen können.
Definition and Meaning
The dialogue spotlights how bare is‑sentences can sound authoritative while conveying almost no content, a trick amplified by words like “really” and “literally.” Using the fifty‑odd competing definitions of “life” as an example, it shows how piling on definitions can dilute rather than sharpen meaning, suggesting that “life” is better viewed as a continuum of complexity rather than a crisp category. Ultimately, the exchange demonstrates that meaning is less a property we uncover than a flexible tool we negotiate into usefulness.
It is what it is.
Really?
Literally.
True—if you look closely at the letters, that’s how they are.
That gives me something to think about.
Because it’s so meaningless? ‘Is’-sentences always are. That’s why they’re so useful; you can do anything with them. I like texts made mostly of ‘is’-sentences—or even nothing but ‘is’-sentences. That’s the superlative of meaninglessness. That’s really how it is. And to distract from that fact, people try to make the statement of an ‘is’-sentence sound as true‑to‑life as possible. I just did that. That’s really how it is.
Really?
Claims of fact are good, too. For example, there are about fifty different definitions of the term ‘life.’ And that’s really interesting (again the combo of an ‘is’-sentence and ‘really’) because, as the number of supposedly meaningful definitions increased, the meaning of the term grew more and more diluted until it virtually disappeared. This contradiction can be resolved quite easily by assuming that there was never any increase in meaning—which ultimately means the definitions never had anything to do with meaning in the first place. So you take a concept with one significant definition and add lots of other significant definitions in order to make its significance vanish completely—a significance that was never there. I can’t explain it any other way, at least as an outsider. The people making those definitions may see it differently, because my own definition here is, of course, completely meaningless as well.
So what’s the real story with life, then?
Very nice—a question with ‘is’ that also includes ‘real’. No one disputes that what follows the living is the non‑living. That means the definition of the non‑living is based solely on observation. But if there are roughly fifty definitions of the living, there are just as many definitions of the non‑living. And since all those definitions are meaningless, that can only mean the distinction isn’t truly useful. It would make more sense to speak of different levels of complexity in the entities under consideration.
So life never actually arose?
One could say that past a certain level of complexity we talk about ‘life.’ For that, you’d need to build a hierarchy of complexities, and people have tried—and still try—to do that. In rough terms it works, but complexity isn’t quantifiable, so with similarly complex entities you hit a limit. Conversely, the so‑called transition from living to non‑living is merely the breakdown of a highly complex entity into entities of lower complexity, which can certainly exist as neighboring localities—there’s just no longer a complex connection among those less complex entities.
And what you make of that is a matter of definition.
Exactly. That’s really how it is.
Analysis
1. The seductive vacancy of is
The short dialogue circles obsessively around the copula is, exposing what logicians have long recognized: unadorned is‑sentences tend to assert identity without supplying content.¹ The speaker’s delight in strings such as “It is what it is” recalls Alfred Korzybski’s critique of the is of identity in general‑semantics; he warned that “the word is hypnotizes us into thinking we have said something when we have merely repeated it.”² By piling one is upon another, the dialogue stages what Ludwig Wittgenstein called the illusion of depth produced by grammar—a sense that something substantial has been said simply because the syntax is familiar.³
2. “Really?”—the rhetoric of authenticity
Each bald assertion is met by the skeptical interjection “Really?” The ritual is significant. Attaching an adverb like really to an is‑sentence tries to rescue it from triviality by importing experiential weight (“true‑to‑life”). In discourse analysis this is a familiar move: intensifiers (really, literally, actually) signal sincerity while simultaneously betraying doubts about semantic density.⁴
3. Definition inflation and the case of “life”
The dialogue’s middle section turns to a concrete example: the bewildering number of scientific definitions of “life.” Astrobiologists catalog at least forty‑seven non‑congruent criteria—metabolism, reproduction, homeostasis, autopoiesis, informational inheritance, and so on.⁵ The paradox the speaker notes is a classic instance of definition creep: as the reference class widens to accommodate borderline cases (viruses, prions, self‑replicating code), the term’s explanatory bite diminishes. Philosophers of biology such as Carol Cleland argue that the multiplicity is not accidental; “life” is a cluster concept awaiting a deeper theoretical unifier (perhaps discovered once we detect a truly alien biology).⁶
But the dialogue takes a more deflationary tack: maybe the concept never possessed the robust intension we retroactively imagine. This echoes the late Richard Boyd’s proposal that many everyday kinds (e.g., jade, water) were vague until science fixed their reference; by analogy, “life” might only stabilize after future theory, rendering today’s fifty definitions failed placeholders.⁷
4. Complexity as a surrogate metric
If the living/non‑living dichotomy collapses, what remains? The answer offered—“different levels of complexity”—aligns with contemporary work in origins‑of‑life research that treats life as an emergent threshold on a continuum of organization. Complexity theorists (e.g., Stuart Kauffman) model autocatalytic networks whose increasing causal closure gives rise to lifelike behavior without a single decisive spark.⁸ In this picture, death is simply the disintegration of that network below the threshold.
Yet, as the dialogue concedes, complexity itself resists canonical measurement; Kolmogorov complexity, logical depth, and integrated information yield only partial orderings.⁹ Thus even the proposed surrogate inherits the very indeterminacy it was meant to cure.
5. The pragmatic upshot
Why, then, persist in talking as though “That’s really how it is”? Because, the dialogue hints, language’s utility often outruns its ontology. We keep using is‑sentences and boundary concepts because they grease the wheels of communication, decision, and funding, even when philosophically threadbare. As William James remarked, “a difference that makes no difference is no difference”—but in practice the appearance of difference often suffices.¹⁰
The final exchange—“And what you make of that is a matter of definition.” / “Exactly. That’s really how it is.”—lands as both capitulation and liberation: capitulation to the semantic slipperiness of our tools, liberation in recognizing that meaning is negotiated, not discovered. To paraphrase Wittgenstein once more, investigation of a word’s meaning is an investigation of its use; and the use of is in this dialogue is to dramatize its own emptiness.
References
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Quine, W. V. O. Word and Object. MIT Press, 1960.
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Korzybski, Alfred. Science and Sanity. International Non‑Aristotelian Library, 1933.
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Wittgenstein, Ludwig. Tractatus Logico‑Philosophicus. Routledge & Kegan Paul, 1922 (§4.003).
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Aijmer, Karin. English Discourse Particles. John Benjamins, 2002.
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Schulze‑Makuch, Dirk & Cleland, Carol. “What is Life? The Next Fifty Years.” Origins of Life and Evolution of Biospheres 46, 2016.
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Cleland, Carol. The Quest for a Universal Theory of Life. Cambridge University Press, 2019.
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Boyd, Richard. “Homeostasis, Species, and Higher Taxa.” Philosophy of Science 51, 1984.
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Kauffman, Stuart. At Home in the Universe. Oxford University Press, 1995.
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Lloyd, Seth. “Measures of Complexity: A Non‑Exhaustive List.” IEEE Control Systems 21(4), 2001.
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James, William. Pragmatism: A New Name for Some Old Ways of Thinking. Longmans, 1907.