Das Drehkreuz-Problem

 

Hey, Hank. Was hast du? Du siehst so genervt aus?

 

Das bin auch. Und ich habe allen Grund dazu.

 

Wieso? Was ist los?

 

Was los ist? Ich kann dir sagen was los ist. Jeden morgen steh ich eine Viertelstunde vor dem Drehkreuz, um in die Firma zu gelangen. Und abends auch wieder.

 

Starker Andrang. Vielleicht sollte man mal über ein zweites Drehkreuz nachdenken?

 

Was redest du da? Es gibt doch zwei Drehkreuze.

 

Und die reichen nicht?

 

Natürlich würden zwei Drehkreuze reichen. Nur dass eben alle an einem Drehkreuz anstehen.

 

Das zweite ist also kaputt. Kein Geld für die Reparatur?

 

Quatsch, die sind beide in Ordnung.

 

So langsam bin ich aber auch ein bisschen genervt. Zwei funktionierende Drehkreuze und trotzdem stehen alle nur an einem an? Würdest du mir vielleicht den Grund dafür nennen? Ist das eine Drehkreuz vielleicht attraktiver als das andere? Fühlt es sich besser an? Oder spielt es eine Melodie, wenn man hindurchgeht?

 

Gar nicht so schlecht. Du bist schon ganz nah dran.

 

Oh, Mann. Jetzt sag schon, oder lass mich einfach zufrieden mit deinen verdammten Drehkreuzen.

 

Ok, ok. Also, pass auf. Du kennst doch die Redewendung ‚trist und grau‘.

 

Ja...?

 

Und üblicherweise sind Drehkreuze nun mal grau.

 

Ich ahne etwas...

 

Richtig. Nun hatte jemand die geniale Idee, dass der Arbeitstag doch ein bisschen farbenfroher beginnen und enden sollte. Und deshalb wurden die Drehkreuze mittels Farbe verschönert.

 

Und für welche Farben hat man sich entschieden?

 

Das eine leuchtet in einem wunderbaren Blau, das andere wurde mit einem grellen Rosa versehen.

 

Rosa? Ich lach mich tot. In deiner Firma arbeiten doch fast nur Männer.

 

Genau. Und dieses Rosa ist so schrecklich, dass man sich am liebsten das eine Auge zuhalten möchte, um keine bleibenden Sehschäden davonzutragen. Und natürlich will keiner durch das rosa Drehkreuz gehen. Der würde sich doch zum Gespött machen.

 

Eigentlich ist es doch nur Farbe. Deswegen eine Viertelstunde anstehen? Du hast es doch sonst nicht so mit Konventionen und Gruppenzwang.

 

Schon richtig. Aber das geht mir einfach gegen den Strich. Auch wenn es jetzt so aussieht, als würde ich gemeinsame Sache machen mit Leuten, die ich gar nicht leiden kann.

 

So wird aus einer ganz simplen Sache ein Politikum. Das ist doch echt verrückt.

 

Du sagst es.