Das neue Wort

Der Dialog zeigt auf amüsante Weise, wie tiefgründig scheinbar alberne Konversationen sein können. Die Idee der „Hurrationalität“ lädt ein, die Rationalität nicht aufzugeben, sondern zu erweitern – um das Spontane, das Spielerische, das Freudige. Sie steht für ein Denken, das nicht alles auf Ursachen und Effizienz reduziert, sondern das Erleben selbst als Wert anerkennt.

Hey, Hankman!

 

Yes! I’m the Hankman!

 

Wow, ich sehe du bist gut drauf.

 

Das bin ich, mein Freund. Das bin ich. Und ich kann es absolut nicht erklären. Ich habe keine Ahnung. Und es ist mir auch egal.

 

Man muss ja nicht alles rational erklären können. Warum muss alles immer einen ganz bestimmten Grund haben?

 

Du sagst es, mein Freund. Du sagst es. Und weil das genau so ist, wie du sagst, und weil es weder rational noch irrational ist, dass ich sooooo gut drauf bin, habe ich ein neues Wort dafür erfunden. Denn ich bin mir doch recht sicher, dass das nichts mit Irrationalität zu tun hat.

 

Ein neues Wort?

 

Genau, mein Freund. Genau. Irrational wäre etwas völlig anderes. Beispielsweise... ach ich weiß nicht... fällt dir was dazu ein?

 

Ein Beispiel? Im Moment nicht. Aber ich denke, irrational wäre es, wenn es keinen Zusammenhang zwischen Stimmung und irgendwelchen Ereignissen gibt. Wie ist denn nun das neue Wort?

 

Korrekt, lieber Freund, korrekt. Kein Zusammenhang. Das wäre doch völlig irrational. Ich dagegen, ich bin einfach gut drauf, weil es keinen Grund gibt, nicht gut drauf zu sein. Das hast gut herausgearbeitet. Danke!

 

Und das Wort?

 

Hurrational!

 

Hurrational?

 

Genau. Zusammengesetzt aus...

 

... ja, ja. Ich versteh schon.

 

Oder auch Hurrationalität...

 

Du hast echt an alles gedacht. Auf deine Hurrationalität! Sonst noch was?

 

Nö.

 

Wir sehen uns nächstes Jahr.

Analyse

Im Mittelpunkt des vorliegenden Dialogs steht ein ungewöhnlich gut gelaunter Charakter: der selbsternannte „Hankman“. Seine überschwängliche Stimmung ist nicht das Resultat eines besonderen Ereignisses, sondern scheint grundlos – oder besser: grundfrei – zu sein. Doch anstatt diese Stimmung zu hinterfragen oder zu rechtfertigen, akzeptiert er sie mit entwaffnender Selbstverständlichkeit und tauft das Ganze mit einem eigens erfundenen Begriff: „Hurrationalität“. Der Dialog entfaltet sich dabei als humorvoll-absurde Reflexion über Rationalität, Spontaneität und die Freiheit von Erklärungspflicht.

 

1. Rationalität und die Tyrannei des Erklärens

Die zentrale These des Dialogs könnte lauten: Nicht alles muss erklärt werden. Der Gesprächspartner stellt fest: „Warum muss alles immer einen ganz bestimmten Grund haben?“ Diese rhetorische Frage richtet sich gegen ein tief in der modernen westlichen Kultur verankertes Ideal – die Vorstellung, dass Erleben, Denken und Handeln kausal nachvollziehbar und rational begründbar sein müssen.

Hier klingt Kritik am Rationalismus an, der seit der Aufklärung dominiert. Philosophen wie Immanuel Kant forderten, dass der Mensch sich seines Verstandes bedienen solle, um autonom zu handeln. Doch in der Überbetonung des Rationalen liegt auch eine Gefahr: das Vergessen der irrationalen oder gar arationalen Dimensionen menschlichen Lebens – Gefühle, Stimmungen, spontane Impulse, die sich eben nicht in Argumenten ausdrücken lassen.

 

2. Hurrationalität: Zwischen Unsinn und tiefer Wahrheit

Die Wortneuschöpfung „Hurrationalität“ ist ein linguistisches Spiel, zusammengesetzt aus dem Ausruf „Hurra!“ und dem Begriff „Rationalität“. Diese Kombination ist paradox: Ein Jubelschrei trifft auf die Kühle der Vernunft. Das Wort steht für eine grundlose Freude, die jedoch nicht irrational, sondern „hurrational“ ist – ein Zustand jenseits der traditionellen Kategorien von rational und irrational.

Diese Neuschöpfung erinnert an Sprachspiele, wie sie Ludwig Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen analysiert. Sprache formt Realität nicht durch abstrakte Definitionen, sondern durch ihren Gebrauch im sozialen Spiel. Der Hankman erweitert das Spiel um eine neue Regel: Es gibt eine Freude, die keiner Begründung bedarf und dennoch nicht als irrational abgetan werden sollte.

 

3. Existenzielle Leichtigkeit als Haltung

Hankmans Haltung ist nicht nur sprachlich, sondern auch existenziell bedeutsam. Er scheint sich von einem grundlegenden Lebensprinzip leiten zu lassen: Warum nicht einfach gut drauf sein, wenn es keinen Grund gibt, schlecht drauf zu sein? Das erinnert an den existenziellen Humor eines Albert Camus oder den „Ja-Sager“ des Nietzsche’schen Übermenschen, der das Leben bejaht, wie es ist – nicht, weil es erklärt werden kann, sondern trotzdem.

Der Hankman verweigert sich der pathologischen Ernsthaftigkeit, die oft mit Erwachsensein und Vernunft verbunden wird. Seine „Hurrationalität“ ist eine Art poetischer Widerstand gegen ein Leben, das immer nur Zweck und Ziel folgt.

 

4. Das Ende als ironischer Abschied vom Sinn

Der letzte Satz des Dialogs – „Wir sehen uns nächstes Jahr.“ – entlässt den Leser mit einem Augenzwinkern. Nach all den wortreichen Ausschweifungen, der Euphorie und den Sprachspielen endet das Gespräch lapidar und zeitlich vage. Diese Ironie ist bewusst: Wie vieles im Leben hat auch dieses Gespräch keinen größeren Sinn oder Schluss, außer dem, was es ist – ein Ausdruck von Gegenwart, Leichtigkeit und freundschaftlicher Absurdität.

 

Fazit: Die Weisheit der „Hurrationalität“

Der Dialog zeigt auf amüsante Weise, wie tiefgründig scheinbar alberne Konversationen sein können. Die Idee der „Hurrationalität“ lädt ein, die Rationalität nicht aufzugeben, sondern zu erweitern – um das Spontane, das Spielerische, das Freudige. Sie steht für ein Denken, das nicht alles auf Ursachen und Effizienz reduziert, sondern das Erleben selbst als Wert anerkennt.

In einer Welt, in der alles gemessen, bewertet und erklärt werden muss, ist „Hurrationalität“ eine kleine sprachliche Revolte – und vielleicht ein Weg zu mehr Gelassenheit.