Schweigende Wahrheit

Die Nichtidentität von Inhalt der Aussage und aussagendem Individuum. Die Wahrheit ist stumm.

Hey, Hankman! Hankman? Warum sagst du nichts? Ich soll dein T-Shirt bewundern? Ach so, was da draufsteht, darum geht es: „Wahrheit“. Sehr schön. Aber warum sprichst du nicht?

 

Oh, Mann! Ich geb’s auf. “Ich bin die Wahrheit.“ Das bedeutet es. Oder hat es bedeutet. Das hat natürlich nur gestimmt, so lange ich nichts gesagt habe.

 

Hä?

 

Verstehst du nicht? Wenn ich mit der Wahrheit identisch sein will, dann darf ich keine Aussagen machen. Denn selbst wenn ich behaupten würde, dass ich immer die Wahrheit sage, dann wäre doch das Machen der Aussage nicht Teil der Aussage. Und da das Machen der Aussage auch ein Teil von mir ist, wäre ich nicht identisch mit der Aussage. Ich wäre also nicht identisch mit der Wahrheit. Deswegen darf ich nichts sagen!

 

Verstehe. Du lässt das T-Shirt die Aussage machen. Verdammt clever! D.h., du bist genau genommen einfach nur ein Stück Materie, das irgendwie da ist. Und dass du da bist, ist die Wahrheit.

 

Genau, das pure Dasein. Und mehr Wahrheit geht doch nun wirklich nicht!

 

Meinst du, dass daher die Schweigegelübde kommen?

 

Woher soll ich das wissen? Jetzt muss ich mir was anderes einfallen lassen.

 

Wie wäre es mit „Da“? Denn du bist ja da, also vorhanden, das meine ich.

 

Ein T-Shirt mit der Aufschrift „Da“? Ja, warum nicht. Ist viel besser als dieses Wahrheit-Zeugs. Und ich darf sogar reden. Aber was ist, wenn jemand fragt wer da ist? Dann muss ich wieder eine Aussage machen!

 

Wir sehen uns...