Was auf den ersten Blick wie ein Nonsensgespräch wirkt, ist in Wirklichkeit eine Miniatur über die Flexibilität, Kreativität und Grenzen der Sprache. Der Dialog lotet das Verhältnis zwischen Form und Bedeutung aus, zwischen gesprochener und geschriebener Sprache, zwischen Regel und Abweichung.
Hey, Hankman! Alles klar?
Wasser?
Was?
Ich war schon bei wasser. Danach kommt am wassesten.
Was, wasser, am wassesten?
Genau! Die Steigerung der Fragewörter. Ich denke, das ist dringend notwendig. Manchmal muss den Fragen ein wenig mehr Nachdruck verliehen werden. Und das kannst du jetzt auf sehr einfache Weise tun, durch die Steigerung der Fragewörter.
Das ist neu.
Ja, und so einfach.
Obwohl, ich kann ja auch einfach stärker betonen.
Und schriftsprachlich? Wenn beispielsweise ein Text automatisiert analysiert und übersetzt werden soll?
Stimmter.
Wenn nicht sogar am stimmtesten.
Analyse
Der vorliegende Dialog zwischen zwei Sprecherfiguren entfaltet sich auf humorvolle, fast dadaistische Weise entlang einer spielerischen sprachlichen Idee: der Steigerung von Fragewörtern. Was zunächst als Missverständnis beginnt („Wasser?“ statt „Alles klar?“), entwickelt sich zu einer Reflexion über Sprache, Bedeutung und Ausdruck – und offenbart dabei ein tieferes Verständnis sprachlicher Strukturen sowie deren kreative Umformung.
1. Sprachlogik ad absurdum: Wenn Fragewörter gesteigert werden
Im Zentrum steht die absurde, aber charmante Idee, Fragewörter wie Adjektive zu steigern: was – wasser – am wassesten. Diese Art der Steigerung ist grammatikalisch natürlich unsinnig, aber gerade darin liegt der Reiz. Die Sprecher operieren in einem metasprachlichen Raum, in dem sprachliche Regeln ironisch hinterfragt und überschritten werden. Es erinnert an die Sprachspiele, wie sie Ludwig Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen beschreibt: Sprache ist kein starres System, sondern ein Werkzeugkasten, dessen Elemente je nach Kontext anders eingesetzt werden.
Die absurde Logik dieser „Steigerung“ erzeugt einen komischen Effekt, aber auch einen produktiven Denkraum. Wenn das Fragewort „was“ gesteigert werden kann, verweist das darauf, dass Fragen nicht nur inhaltlich, sondern auch formal intensivierbar seien – eine Idee, die den Übergang von Alltagssprache zu poetischer Sprache markiert. Es ist das, was Viktor Šklovskij als „Verfremdung“ bezeichnet: Der Automatismus des Sprachgebrauchs wird durchbrochen und neu erfahrbar gemacht.
2. Betonung vs. Steigerung: Die Intensität der Frage
Der Dialog fährt fort mit der Überlegung, dass man Fragen auch durch stärkere Betonung intensivieren könne. Damit wechselt die Diskussion von der geschriebenen zur gesprochenen Sprache, von Grammatik zu Prosodie. Doch der Einwand des zweiten Sprechers – was ist mit schriftsprachlicher Kommunikation? – führt wieder zur Ausgangsidee zurück. In automatisierten Übersetzungen oder Textanalysen kann Betonung nicht ohne weiteres erfasst werden; eine schriftlich kodierbare Steigerung der Frageintensität könnte also eine Art „semantisches Tagging“ darstellen, ein ironisch gemeinter Vorschlag, aber auch eine Reflexion auf die Beschränkungen digitaler Sprachverarbeitung.
In Zeiten maschineller Übersetzung und algorithmischer Texterkennung wird die Frage relevant, wie Nuancen, Ironie, oder gestische Elemente schriftlich darstellbar sind. Der Dialog nimmt diese Problematik auf und karikiert sie zugleich.
3. Literarische Parallelen: Von Jandl bis Carroll
Die spielerische Umfunktionierung von Sprache erinnert an die poetische Praxis von Ernst Jandl oder Christian Morgenstern. In Jandls Gedicht „schtzngrmm“ wird die Sprache so reduziert, dass nur noch onomatopoetische Laute bleiben, die jedoch Kriegslärm imitieren – Sprache wird hier auf ihr akustisches und emotionales Potenzial zurückgeführt. Auch Lewis Carrolls Jabberwocky operiert mit sinnlosen Wörtern, die dennoch verständlich erscheinen, weil sie grammatikalischen Mustern folgen.
Im vorliegenden Dialog wird zwar keine neue Sprache erschaffen, aber eine grammatikalische Regel (die Steigerung) auf ein eigentlich nicht steigerbares Wort angewandt – mit überraschendem Ergebnis. Es entsteht eine alternative Semantik, die weniger auf Bedeutung als auf Wirkung zielt. Sprache wird so zum Mittel der Weltverfremdung – und Weltaneignung zugleich.
4. Fazit: Die Poesie der Abweichung
Was auf den ersten Blick wie ein Nonsensgespräch wirkt, ist in Wirklichkeit eine Miniatur über die Flexibilität, Kreativität und Grenzen der Sprache. Der Dialog lotet das Verhältnis zwischen Form und Bedeutung aus, zwischen gesprochener und geschriebener Sprache, zwischen Regel und Abweichung. Indem er ein gewöhnliches Fragewort auf unorthodoxe Weise behandelt, erschafft er eine neue Ebene sprachlicher Intensität – die stimmteste Form des Fragens.
Wie schon Friedrich Schlegel formulierte: „Ironie ist die klare Bewusstheit ewiger Agilität, unendlicher Fülle des Chaos.“ In diesem Sinne: Wer wasser fragt, bekommt vielleicht nicht die richtige Antwort, aber einen neuen Blick auf die Sprache selbst.