Dargle's Waxie

Eine absurde, fast dadaistische Miniatur, die sich scheinbar um nichts dreht. Was auf den ersten Blick wie ein surrealer Dialog zweier verwirrter Figuren wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als spielerische Reflexion über Sprache, Bedeutung und Wiederholung. Der Text evoziert damit zentrale Gedanken aus der Sprachphilosophie Wittgensteins, aus der Postmoderne (Derrida) und sogar aus der Zen-buddhistischen Sprachkritik.

Hey, Dargle! Da sagst du wax!

 

Wax?

 

Genau! Wax! Das sagst du!

 

Und dann warte ich auf die Antwort?

 

Auf gar keinen Fall! Warten ist schlecht. Schon immer gewesen. Du wiederholst die Frage!

 

Wax?

 

Genau! Wax! Das ist das, wax du wiederholst. Das Wax.

 

Und wax genau?

 

Nee, finde ich nicht so gut. Dann doch lieber zweimal Wax.

 

Also wax wax?

 

Ja, irgendwie schon, nur der andere sagt dazwischen noch wax.

 

Der sagt auch Wax? Das wäre dann schon wax wax wax. Kommt mir viel vor. Fast so als könne man nicht mehr damit aufhören.

 

Mit wax?

 

Siehst du! Du hast es auch schon.

 

Wax habe ich auch schon?

 

Richtig. Das Wax hast du auch schon. So langsam glaube ich, dass wir alle Wax haben. Manche sogar mehrfach. Pass mal auf: Wax wax wax. Siehst du! Ich hatte dreimal Wax. Und wie ist es bei dir?

 

Wax?

 

Verstehe. Die einfache Variante. Macht ja nichts. Ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen. Und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Das könnte ich jetzt gar nicht gebrauchen, dass ein Meister in meinen Vorgarten fällt. Wie sieht es bei dir aus mit fallenden Meistern? Schon mal so wax erlebt?

 

So wax?

 

Ich glaube, du missverstehst da wax.

 

Wax missverstehe ich?

 

Ha! Da war es wieder! Immer wenn man schon nicht mehr damit rechnet, taucht es plötzlich wieder auf. Wax sagt man dazu? Lassen wir es doch einfach gut sein für heute.

 

Ok.


Analyse

Der Text „Dargle's Waxie“ ist eine absurde, fast dadaistische Miniatur, die sich scheinbar um nichts dreht – außer um ein rätselhaftes Wort: „Wax“. Was auf den ersten Blick wie ein surrealer Dialog zweier verwirrter Figuren wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als spielerische Reflexion über Sprache, Bedeutung und Wiederholung. Der Text evoziert damit zentrale Gedanken aus der Sprachphilosophie Wittgensteins, aus der Postmoderne (Derrida) und sogar aus der Zen-buddhistischen Sprachkritik. Er stellt auf humorvolle Weise die Frage: Was heißt es eigentlich, wenn ein Wort immer wieder wiederholt wird – ohne dass klar ist, was es bedeutet?

 

1. Wax als Bedeutungsträger: Ein Wort ohne Bedeutung?

„Wax? – Genau! Wax! Das sagst du!“

Der Text beginnt mit einem scheinbar normalen Gespräch, aber schon nach wenigen Zeilen zeigt sich, dass der zentrale Begriff „wax“ keine erkennbare Bedeutung trägt. Es ist nicht eindeutig, ob es sich um ein Nomen, Verb, Imperativ oder Interjektion handelt. Genau hier beginnt das Spiel mit der Sprache.

Diese Technik erinnert an Wittgenstein in den Philosophischen Untersuchungen, insbesondere an §43:

„Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“

Doch im Fall von „wax“ bleibt der Gebrauch vage, tautologisch, und wird nur durch Repetition stabilisiert:

„Also wax wax? – Ja, irgendwie schon, nur der andere sagt dazwischen noch wax.“

Wörter wie „wax“ zeigen: Bedeutung entsteht nicht durch Definition, sondern durch soziale Praktiken. Wenn alle „wax“ sagen, scheint es Sinn zu ergeben – auch wenn niemand weiß, worin dieser Sinn besteht.

 

2. Sprachspiel und Performativität

„Wax“ ist ein performativer Akt. Sobald es gesagt wird, verändert es die Situation. Das Wort erschafft eine Welt, in der es ständig wiederholt wird. So wird „wax“ selbst zum Metasymbol für Sprache, deren Wirkung nicht im Was, sondern im Dass des Sprechens liegt.

„Ich hatte dreimal Wax. Und wie ist es bei dir?“

Diese Zählung der „wax“ zeigt die mathematische Absurdität eines Wortes, das sich entzieht – aber durch Wiederholung an Präsenz gewinnt. Sprachspiele dieser Art kennt man aus der konkreten Poesie oder den Cut-up-Techniken von William S. Burroughs. Im poststrukturalistischen Sinne (vgl. Jacques Derrida) entsteht hier ein Spiel der Différance: das Wort verschiebt ständig seine Bedeutung und verweist immer wieder nur auf sich selbst.

 

3. Wax als Virus der Sprache

„So langsam glaube ich, dass wir alle Wax haben.“

Spätestens hier wird „wax“ als mentale Struktur inszeniert – ein sprachlicher „Virus“, der sich durch bloße Wiederholung verbreitet. Man hat es „schon“, ohne es zu wollen oder zu verstehen. Das erinnert an Memetik (vgl. Richard Dawkins, The Selfish Gene), in der kulturelle Einheiten wie Wörter oder Gesten sich replikativ durch Bewusstsein verbreiten, ähnlich wie Gene durch Zellen.

Dass man „wax hat“, bedeutet: Man ist bereits infiziert von der Sprachstruktur, man ist in ein Spiel geraten, das sich selbst am Leben erhält. Sprache denkt für uns – und nicht umgekehrt.

 

4. Ironie, Kritik, Sprachverfall

„Ich hoffe, dass das auch so bleibt. Das könnte ich jetzt gar nicht gebrauchen, dass ein Meister in meinen Vorgarten fällt.“

Diese absurde Pointe zeigt eine gewisse Meta-Ebene des Textes: Während man in der Wiederholung von „wax“ versinkt, wird der Wunsch nach Bedeutung als Störung empfunden. Der fallende Meister – eine Figur der plötzlichen Erkenntnis – wäre unpassend in dieser Welt, die gerade ihre Klarheit ablehnt.

Das ist ein ironischer Kommentar auf jede metaphysische Erwartung an Sprache: dass sie Wahrheit liefern möge, dass sie Welt ordnet. Der Text verweigert diesen Wunsch. Stattdessen entlarvt er den Wunsch selbst als komisch.

 

5. Fazit: Wax als Einladung zur Sprachkritik

„Dargle’s Waxie“ ist ein radikales Sprachspiel – eine Parodie auf das Sprechen selbst, bei der das Wort „wax“ zum Symbol für die Selbstbezüglichkeit der Sprache wird. Der Text macht auf unterhaltsame Weise deutlich:

  • Bedeutung ist kein inhärenter Bestandteil eines Wortes, sondern entsteht durch Gebrauch und Kontext.

  • Sprache ist performativ und virulent – sie „passiert“, auch wenn wir sie nicht kontrollieren.

  • Ironie ist ein Mittel zur Entlarvung von Sinnansprüchen – und ein Weg zu philosophischer Klarheit durch die Akzeptanz des Unklaren.

Die Philosophie, die hier aufscheint, ist verwandt mit Wittgenstein, Derrida, Luhmann und auch mit der spielerischen Sprachkritik eines Loriot oder Ernst Jandl. Der Text lädt dazu ein, sich auf das scheinbar Sinnlose einzulassen – um dabei die tiefere Struktur des Sinns zu erkennen.

 

Weiterführende Literatur

  • Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen (1953)

  • Jacques Derrida: Grammatologie (1967)

  • Richard Dawkins: The Selfish Gene (1976)

  • Niklas Luhmann: Kommunikation und Realität (1996)

  • Ernst Jandl: sprechblasen (1978)