Komische Typen

 

Hey, was ist los?

 

Entschuldige, ich war gerade in Gedanken.

 

Das kenne ich. Dort bin ich auch öfter mal. Und wie war es so?

 

Keine Ahnung. Es war ja nur mein Ich dort. Und ich glaube, dass es mir am Ende immer nur genau das erzählt, was ich hören soll.

 

Ist das nicht die Aufgabe des Ich?

 

Sicher. Doch bleibt es manchmal recht lange weg. Also in den Gedanken. Zu lange für meinen Geschmack. Es kann doch nicht so lange dauern, zu dem letzten Gedanken, den es kommuniziert hatte, einen passenden Nachfolger zu finden.

 

Einen sinnvollen Nachfolger. Vielleicht ist das das Problem? Wie findet man einen passenden nachfolgenden Gedanken? Stell dir vor, es würde sich für den erstbesten entscheiden? Was für ein Chaos! Mir ist es lieber, dass sich mein Ich etwas mehr Zeit lässt, wenn es gerade wieder einmal in Gedanken ist. Manchmal kommt es sogar vor, dass mein Ich mit einem völlig neuen Gedanken erscheint! Das finde ich gar nicht so schlecht.

 

Du bist eben kein Logiker. Bei mir ist durch die logischen Gesetzmäßigkeiten genau vorgegeben, wie der nachfolgende Gedanke aussehen kann. Da gibt es keine Überraschungen. Glücklicherweise.

 

Es ist ja nicht so, dass mein Ich nur neue Gedanken hervorbringt. Obwohl ich mich schon mehrfach gefragt habe, wie mein Ich das eigentlich anstellt? Denn schließlich sind das ja nicht nur irgendwelche Kombinationen von bestehenden Gedanken. Manchmal glaube ich fast, dass die Sache ganz anders ist. Nämlich dass das Ich eigentlich gar nicht derjenige ist, der die Arbeit macht, sondern dass da die ganze Zeit irgendwelche komischen Typen irgendwie komisch herummachen, einen Gedanken nach dem anderen produzieren und dass das Ich nur immer mal kurz dort vorbeischaut, um einen gerade verfügbaren Gedanken abzugreifen, den die komischen Typen kürzlich produziert haben. Das würde auch erklären, warum ich manchmal so lange in Gedanken bin. Das ist genau dann der Fall, wenn sich die merkwürdigen Typen nicht einigen können, denn dann ist ja einfach noch nichts vorhanden, was für das Ich brauchbar wäre.

 

Klingt nicht besonders logisch. Die Vorstellung, dass mein Ich einfach manchmal etwas länger braucht, um aus der Fülle der vorhandenen Gedanken den besten Nachfolger herauszufischen, gefällt mir irgendwie besser.

 

Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Bei dem einen sind es vielleicht tausende von diesen komische Typen, dafür entstehen auch öfter mal interessante, neue Gedanken, während es bei dem anderen sehr wenige, oder vielleicht wie bei dir, nur ein einziger ist, weshalb dann aber auch nichts Neues entstehen kann, da man mehrere dazu braucht. Also nur eine Frage der Quantität. Vielleicht waren es bei dir ja auch mal ganze viele, und jetzt ist es nur noch einer? Warst du schon immer ein Logistiker?

 

Du meinst Logiker. Logistiker hat man früher gesagt. Und ich denke, dass ich schon immer ein Logiker war. Kreativität war nie so meins.

 

Macht ja nichts. Die Frage ist, ob der eine, der bei dir übrig geblieben ist, überhaupt noch in der Lage ist zu verstehen, was es bedeutet, wenn ganz viele da sind?

 

Vermutlich versteht er das nicht. Es kommt ihm nur unlogisch vor, was die vielen mitunter so für Zeug produzieren. Ich könnte natürlich die gleiche Frage stellen. Verstehen die vielen komischen Typen mit ihrem ganzen Tohuwabohu und Palaver überhaupt die streng logische Denkweise eines einzelnen?

 

Da sprichst du was an! Ich sag mal so, sie bewundern die strenge Logik der Gedankenabfolgen, können nur manchmal keinen Sinn darin erkennen.

 

Vermutlich ist das so. Macht ja nichts. Eigentlich ist es nur ein einziger Gedanke, der mich während des Gesprächs wirklich hellhörig gemacht hat. Nämlich dass das Ganze nur auf einen rein quantitativen Unterschied hinausläuft.

 

Das gefällt dem Logiker!

 

Du glaubst gar nicht, wie sehr! Da wäre ich nie drauf gekommen!