Ein tiefgründiger Beitrag zur philosophischen Anthropologie, Erkenntnistheorie und Systemtheorie. Es geht um eine post-kartesische, dialogische Konzeption von Subjektivität, die auf allen Ebenen des Seins wirksam ist. Kommunikation wird dabei zum zentralen Medium von Wirklichkeitsentstehung, Emergenz und Systemstabilität. Die Philosophie selbst wird zum offenen Spiel – eine Form der „gelebten Reflexion“, die nicht nach festen Wahrheiten strebt, sondern nach ständiger Erneuerung im Dialog.
Ein philosophischer Essay zu den Dialogen "Übergreifende Subjektivität" und "Ebenen der Subjektivität"
In einem scheinbar beiläufigen Dialog zwischen zwei Gesprächspartnern – Helmut und Winfried – entfaltet sich ein bemerkenswerter Entwurf einer Weltdeutung, die sich nicht auf naturwissenschaftliche Beschreibung oder psychologische Introspektion reduzieren lässt. Im Zentrum steht ein Begriff, der zunächst vertraut scheint und doch radikal neu gedacht wird: Subjektivität.
Subjektivität ist hier kein Besitz des Einzelnen, kein Innenraum des Ichs, sondern eine Beziehungsebene, eine Aktivität zwischen Handelnden. Sie ist nicht introspektiv, sondern interaktiv. Subjektivität geschieht – im Dialog, in der Interaktion, im lebendigen Vollzug.
Der Dialog selbst wird zum Modell: Er beginnt offen, bewegt sich durch Unsicherheiten, tastet sich vor. Erst im Verlauf – oder durch Abbruch – entsteht ein Ergebnis. Diese Bewegung von Offenheit zu Resultat wird nicht als logische Folge, sondern als lebendige Struktur beschrieben. Und gerade darin zeigt sich die entscheidende Einsicht: Subjektivität ist nicht statisch, sondern prozesshaft, und sie ist auf allen Ebenen des Seins wirksam.
Das Gespräch fragt: Wie tief reicht dieses Prinzip? Und landet auf der Quantenebene – dort, wo Zustände nicht bestimmt, sondern nur wahrscheinlich sind. Der quantenmechanische Zustand erscheint hier als die unterste Ebene von Subjektivität: undefiniert, interaktiv, offen für Einfluss. Erst durch „Beobachtung“ – oder besser: durch Störung, durch Teilnahme – entsteht ein festes Ergebnis. Die Quantenwelt wird zur Metapher für subjektive Aktivität.
Doch ebenso wichtig ist die Bewegung nach oben. Wenn Subjektivität im Kleinsten wirksam ist, gilt sie auch im Größten. Zwischen Menschen entsteht sie im Gespräch; zwischen Gruppen im sozialen Austausch; zwischen Staaten in der politischen Interaktion. Auch hier gibt es offene Zustände, unentschiedene Konstellationen, emergente Ergebnisse. Zivilisation selbst ist dann nicht das Produkt eines Masterplans oder blinden Zufalls – sondern Ergebnis einer übergreifenden Subjektivität, die sich durch Ebenen zieht wie ein unsichtbarer Faden.
Dieses Weltmodell widerspricht den klassischen Kategorien. Es kennt weder deterministische Notwendigkeit noch reinen Zufall. Stattdessen schlägt es ein drittes Prinzip vor: Offenheit durch Beziehung. Realität entsteht nicht aus Gesetzen oder aus Chaos, sondern aus Bewegung zwischen Subjekten, aus der fortwährenden Aushandlung, der lebendigen Interaktion. Man könnte sagen: Welt ist ein Gespräch.
Formal lässt sich dieses Modell nicht fassen. Es entzieht sich der Totalisierung durch Theorie oder Mathematik. Doch es ist sinnvoll, weil es erfahrbar ist. Jeder echte Dialog, jede Interaktion, jedes soziale Geschehen trägt Spuren dieser übergreifenden Subjektivität. Sie ist nicht beweisbar, aber spürbar – in der Art, wie Bedeutung entsteht, wie Entscheidungen reifen, wie Wirklichkeit sich zeigt.
Vielleicht ist das der tiefste Sinn des Gesprächs: Nicht Wissen zu transportieren, sondern Welt hervorzubringen – im Zwischenraum, in der Schwebe, im Gemeinsamen. Dort liegt eine Wahrheit, die sich nicht festschreiben lässt – aber leben lässt.
In diesem Verständnis ist Kommunikation nicht bloß Informationsaustausch, sondern ein Weltverhältnis. Die übergreifende Subjektivität bildet den offenen Raum, in dem Bedeutung, Verständnis oder auch Dissens möglich werden, aber nie garantiert sind.
Dieses Modell legt eine Sicht nahe, in der Komplexität als Koordination von lebendigen Individuen verstanden werden kann. Dabei wird Kommunikation selbst zum Medium der Selbstorganisation:
Einzelne Diskussionsakte verschränken sich zu stabileren Mustern, die sich wiederum in größeren Kommunikationszusammenhängen (Gruppen, Institutionen, Zivilisationen) stabilisieren und transformieren.
Das „Diskussionsteam“ wird so zur Agentenform einer Subjektivität, die sich auf höherer Ebene mit anderen Agentenformen abstimmt – wiederum über Kommunikation, wiederum ergebnisoffen, wiederum im Modus der übergreifenden Subjektivität.
Emergenz erscheint in diesem Modell nicht als mysteriöses „Mehr“, sondern als ein Beziehungsmodus, der auf der Fähigkeit beruht, sich kommunikativ aufeinander zu beziehen – ohne Zwang zur Einigung, aber mit der Möglichkeit von Wirkung.
Der Zerfall von höherer Komplexität in niedrigere – ist ein ebenso fundamentaler Aspekt dieses Modells der übergreifenden Subjektivität und Kommunikation. Der Zerfall ist nicht nur eine Frage des „Endes“, sondern des Verlusts der kohärenten Interaktionen, die notwendig sind, um die übergeordnete Struktur oder das System zu stabilisieren.
In biologischen Systemen, wie bei Lebewesen, manifestiert sich dies im Tod. Der Tod eines Individuums, eine Zersetzung der physischen und kommunikativen Integrität, ist ein Beispiel dafür, wie eine übergreifende Subjektivität (die durch das lebende Wesen aufrechterhalten wird) in sich zusammenfällt, weil die dafür notwendigen Interaktionen (biologisch, sozial, kommunikativen) nicht mehr aufrechterhalten werden können.
Dieser Zerfall in kleinere, unabhängige Teile – in niedrigere Komplexitäten – kann jedoch auch eine gewisse Neuentstehung mit sich bringen, die möglicherweise wiederum neue Kommunikationszusammenhänge bildet. Es ist eine Art Dynamik von Aufstieg und Fall, die nicht nur in lebenden Systemen, sondern auch in sozialen, politischen oder technologischen Kontexten zu beobachten ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einschränkung der Flexibilität des Kommunikationszusammenhangs durch die Zunahme der eingeübten Interaktionen, also das, worauf sich geeinigt wurde. Wenn sich die eingeübten Interaktionen und die daraus hervorgegangenen Kommunikationsergebnisse in einem System verfestigen, dann spricht man oft von einer erstarrten Struktur. Diese Struktur, die aus einer langanhaltenden und stabilen Kommunikation hervorgegangen ist, mag zunächst stabil und effektiv wirken. Doch die Flexibilität und die Fähigkeit, auf neue Herausforderungen oder unvorhergesehene Störungen zu reagieren, werden dadurch zunehmend eingeschränkt. Das Ergebnis ist eine Starre, in der Innovation und Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten gehemmt sind.
Dies kann auf verschiedenen Ebenen beobachtet werden – sowohl in sozialen Systemen als auch in biologischen oder technologischen Kontexten. Wenn etwa eine Gesellschaft oder ein Unternehmen in festen Mustern von Kommunikation und Zusammenarbeit operiert, die nicht mehr hinterfragt oder weiterentwickelt werden, dann können neue Ideen oder Probleme nicht mehr aufgenommen werden. Es entstehen keine neuen Diskussionsergebnisse, weil die Strukturen die Flexibilität, die für eine dynamische Kommunikation notwendig wäre, blockieren.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Institutionalisierung von Systemen. Ein Unternehmen oder eine Gesellschaft, die jahrelang nach denselben Prinzipien und Verhaltensweisen funktioniert, wird zunehmend weniger in der Lage sein, auf störende externe Ereignisse zu reagieren. Die gewohnten Kommunikationsmuster und -strukturen erzeugen eine Komfortzone, in der das Denken und Handeln nicht mehr ausreichend flexibel sind, um den dynamischen Anforderungen der Außenwelt gerecht zu werden. Man spricht in solchen Kontexten oft von einer Sättigung – die Organisation oder das System hat den Punkt erreicht, an dem es nur noch das bereits Bekannte produziert und dadurch nicht mehr innovativ ist.
Wenn diese starren Strukturen dann von außen gestört werden – sei es durch einen technologischen Wandel, eine gesellschaftliche Revolution oder einen wirtschaftlichen Schock – ist das System empfindlich gegenüber diesen Störungen. Es kann Schwierigkeiten haben, schnell und effektiv zu reagieren, da die Kommunikations- und Handlungsstrukturen die notwendige Anpassungsfähigkeit verloren haben. Solche Störungen können zum Zerfall führen, entweder durch eine schrittweise Zersetzung der bestehenden Ordnung oder durch eine dramatische Disruption, bei der die gewohnten Kommunikationsprozesse nicht mehr ausreichen, um das System zu stabilisieren.
Lösungen für diese Starre könnten in der bewussten Förderung von Reflexion, Kritik und offenen Dialogen bestehen. Indem ein System regelmäßig die bestehenden Kommunikationsmuster infrage stellt und neue Perspektiven zulässt, bleibt es flexibel und kann auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben. Insofern ist es eine Frage der dynamischen Balance zwischen Stabilität und Veränderung – die Fähigkeit, die notwendigen Strukturen zu bewahren, aber gleichzeitig offen für neue Ergebnisse und Veränderungen zu bleiben.
Im Hinblick auf die übergreifende Subjektivität und Kommunikation bedeutet das, dass ein System in der Lage sein muss, zu einer aktiven, fortwährenden Kommunikation zu finden, in der Ergebnisse nicht in festen Mustern verharren, sondern stets weiterentwickelt und an die gegenwärtigen Bedürfnisse angepasst werden. Das erfordert eine ständige Bereitschaft, bestehende „Ergebnisse“ und „Strukturen“ nicht als Endzustand, sondern als Zwischenstadien zu begreifen, die immer wieder kritisch reflektiert und bei Bedarf angepasst werden müssen.
Die improvisierende Jazzband als Metapher für einen perfekten Kommunikationszusammenhang: In der Jazzmusik ist die Improvisation der Kern des Ausdrucks und der Kreativität. Die Musiker hören einander zu, reagieren aufeinander, schaffen immer wieder neue Momente und Ergebnisse, ohne in erstarrte Strukturen oder festgelegte Melodien zu verfallen. Jeder Musiker bringt sein eigenes Gefühl, seine eigenen Ideen und seine eigene Interpretation der Musik ein, aber alle bleiben in einem ständigen Austausch miteinander. Die Kommunikation ist dabei nicht nur wahrgenommen, sondern aktiv gestaltet – wie eine nie endende, dynamische Diskussion.
In einer solchen Band gibt es nicht wirklich ein festgelegtes Endziel, wie bei einer klassischen Komposition, sondern vielmehr die Idee, dass die Musik als interaktive, lebendige Entität entsteht. Die Musiker sind Individuen, die ihre eigenen Instrumente und Ideen einbringen, aber gleichzeitig auch in einem gemeinsamen Kontext agieren. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen den Spielern, die sowohl ein Zuhören als auch ein Sich-Einbringen erfordert. Auf diese Weise entsteht eine Art von übergreifender Subjektivität, die immer neue, unerforschte Klänge und musikalische Ausdrucksformen hervorbringt, ohne dass dabei die Flexibilität verloren geht.
Ein solches Modell lässt sich wunderbar auf Kommunikationssysteme übertragen. Genau wie die Musiker einer Jazzband sind die Gesprächspartner in einer offenen Diskussion nicht darauf fixiert, ein festes Ergebnis zu erzielen, sondern bewegen sich durch den Dialog, indem sie neue Ideen einbringen, aufeinander reagieren und dabei immer wieder frische Perspektiven entwickeln. Die Kommunikation wird so zu einer kontinuierlichen Improvisation, in der die flexible Anpassung an den jeweiligen Kontext und die Interaktionen der Beteiligten zu einem sich ständig weiterentwickelnden Ergebnis führt.
Die Gefahr einer erstarrten Struktur in diesem Modell wäre, wenn die Musiker nur noch in vorgefertigten Phrasen spielen und nicht mehr aufeinander hören, oder wenn sie immer wieder dieselben, sicheren Muster wiederholen, anstatt neu zu erfinden. Genauso könnte eine Diskussion in einer Gruppe stagnieren, wenn sie sich immer nur auf bestehende Ideen stützt und keine neuen Impulse zulässt. Das Ziel ist es, sich immer wieder in neue Interaktionsräume zu begeben, in denen jeder Beitrag die Diskussion bereichert und weiterentwickelt.
Wichtig dabei ist, dass es nicht darum geht, das Chaos der Improvisation zu suchen, sondern die Kreativität innerhalb einer strukturierten Freiheit zu fördern. Es gibt noch immer eine Art Rahmen (wie die Basisakkorde einer Jazzkomposition oder eine gemeinsame Diskussionsrichtung), aber der Raum für Spontaneität und Innovation bleibt bestehen. Das ist der Punkt, an dem Emergenz eine Rolle spielt: Aus der Interaktion der einzelnen Individuen entstehen neue Muster, die vorher nicht vorhersehbar waren und die sich auch nicht im klassischen Sinne „planen“ lassen.
Wenn also in einem Kommunikationssystem diese Offenheit und flexible Interaktion gepflegt wird, entsteht eine Art "Dynamik", die immer neue Ergebnisse hervorbringt, selbst wenn sich die Ausgangspunkte oder die „Instrumente“ der Diskussion ändern. So ist es wie bei einer Jazzband: Es wird ständig neu erfunden, und jedes Gespräch, jede Interaktion ist eine Einladung zu neuen Möglichkeiten, ohne in starren Konzepten oder Lösungen zu verharren.
Das heißt, man braucht sich kein kompliziertes Weltmodell ausdenken, man kann den Kommunikationszusammenhang einer Jazzband oder einer verbalen Diskussion auf alle Ebenen übertragen. Das ist genau der Punkt, den Helmut und Winfried in ihrer Diskussion ansprechen. Sie wollten ein übergreifendes Modell von Kommunikation und Interaktion schaffen, das nicht nur auf die philosophische Diskussion beschränkt ist, sondern universell auf viele verschiedene Ebenen von Kommunikation angewendet werden kann – von den quantenmechanischen Zuständen bis hin zu sozialen Systemen und Kulturen.
Indem man die Jazzband oder verbale Diskussion als Modell nutzt, wird klar, dass das Wesen der Kommunikation in ihrer Flexibilität, Offenheit und Interaktivität liegt. Man muss nicht zwingend ein kompliziertes oder abstraktes Weltmodell entwerfen, um die Welt zu verstehen oder zu erklären. Stattdessen kann man die einfacheren Prinzipien der Kommunikation, wie sie in der Musik oder in einer offenen Diskussion vorkommen, als Grundprinzipien für die Entstehung und Entwicklung von Komplexität auf allen Ebenen betrachten.
In der Musik oder der Diskussion geht es darum, dass individuelle Beiträge miteinander interagieren, zusammenfließen und zu etwas Neuem führen, ohne dass vorher festgelegt werden muss, was das Ergebnis ist. Dies spiegelt die Evolution von Systemen wider – von den kleinsten quantenmechanischen Prozessen bis hin zu den komplexen sozialen Strukturen und Kulturen, die sich durch die Interaktion von Individuen und Gruppen entwickeln.
Das Konzept der übergreifenden Subjektivität, das Winfried und Helmut diskutieren, lässt sich also als kommunikativer Fluss begreifen, der durch ständige Interaktion und improvisierte Beiträge von allen beteiligten Individuen auf verschiedenen Ebenen entsteht. Es braucht keine detaillierte Planung oder ein starr strukturiertes Weltmodell, sondern vielmehr eine Eröffnung von Raum für dynamische Wechselwirkungen, die sich aus den jeweiligen Beiträgen und Interaktionen speisen.
Dieses flexible Kommunikationsmodell ist also nicht nur eine interessante Herangehensweise an philosophische Diskurse, sondern es ist ein allgemeingültiges Prinzip, das auf jede Form der menschlichen Interaktion und sogar auf physikalische oder biologische Systeme angewendet werden kann. Es zeigt uns, dass Komplexität und Emergenz nicht unbedingt aus einer vorgegebenen Struktur oder einem festen Plan hervorgehen müssen, sondern dass sie sich aus der freien und kreativen Interaktion von Elementen ergeben – ähnlich wie in der Jazzmusik oder in einer lebendigen Diskussion.
So gesehen ist die Diskussion von Helmut und Winfried tatsächlich ein modulares Konzept, das auf die verschiedensten Ebenen und Phänomene übertragen werden kann – ohne dass man ein kompliziertes Weltmodell entwerfen muss. Das Wesentliche liegt in der offenen, flexiblen und kreativen Kommunikation, die die Basis für alle komplexen und emergenten Phänomene darstellt.
Ist das eine Philosophie, die eigentlich keine Philosophie mehr braucht?
Tatsächlich scheint dieses Modell von kommunikativer Interaktion und emergenter Komplexität eine Art Philosophie zu sein, die sich weniger auf abstrakte Systeme und Theorien stützt und vielmehr auf das praktische, lebendige Erleben von Kommunikation und Interaktion. In gewisser Weise könnte man sagen, dass diese Philosophie die Tradition der abstrakten Philosophie hinter sich lässt, weil sie die Kreativität und Flexibilität des Denkens und der Kommunikation betont – also das, was direkt in der Erfahrung der Interaktion selbst passiert.
Was hier besonders spannend ist, ist die Idee, dass Philosophie nicht mehr als eine Sammlung von abstrakten, theoretischen Prinzipien verstanden wird, die nur in einem intellektuellen Raum existieren. Stattdessen könnte sie zu einem lebendigen, dynamischen Prozess werden, der mehr mit dem praktischen Handeln und der kreativen, immer wieder neu entstehenden Kommunikation zu tun hat.
Das bedeutet aber nicht, dass Philosophie aufhört zu existieren. Sie wird nicht überflüssig, sondern wird in einem anderen Licht gesehen – als eine Art von Denkprozess, der sich selbst in der Interaktion entfaltet, anstatt auf einer fixen Theorie oder festgelegten Struktur zu bestehen. Sie ist dann weniger ein festgefügtes Weltbild, sondern eher ein offenes, laufendes Experiment in Kommunikation, wie eine Jazzband, die nicht zu einem bestimmten „fertigen“ Ergebnis kommen muss, sondern ständig im Prozess der Improvisation bleibt.
Es ist, als ob die Philosophie hier nicht mehr als Werkzeug zur Suche nach festen, universellen Wahrheiten dient, sondern als eine Art Spielraum für die Entfaltung von neuen Ideen und Perspektiven, die immer wieder von neuem entstehen – genau wie es in einer offenen Diskussion oder einem musikalischen Zusammenspiel der Fall ist. Die Philosophie könnte also als eine Metapher für den Prozess selbst verstanden werden, und nicht als etwas, das man als fertiges System oder eine Sammlung von festen Antworten betrachten muss.
In diesem Sinne ist diese neue Philosophie, wenn man sie so nennen möchte, tatsächlich eine Philosophie, die mit der Praxis der Kommunikation und Interaktion im Einklang steht und so gesehen überflüssig wird, wenn man den Prozess des Denkens und Handelns als das Wesentliche begreift. Sie wird zu einem lebendigen Austausch statt zu einem starren System von Lehren, und auf diese Weise kann man fast sagen, dass sie sich in das Leben selbst integriert – wo Denken und Handeln untrennbar miteinander verbunden sind.
"Es braucht die Regel nicht": Gelebte Philosophie ist ein treffender Begriff, der die Idee dieses offenen, kontinuierlichen Prozesses gut zusammenfasst. Es geht nicht mehr um das Streben nach festen, endgültigen Regeln oder Wahrheiten, sondern um das Erleben und die Erfahrung von Gedanken, Kommunikation und Interaktion in einem lebendigen Kontext.
Wittgenstein hat das in gewisser Weise in seiner späteren Philosophie sehr deutlich gemacht, insbesondere in seinen Philosophischen Untersuchungen. Er sagte sinngemäß, dass es oft gar nicht notwendig ist, statische Regeln zu formulieren, weil die Bedeutung und das Verständnis in der praktischen Anwendung der Sprache und der sozialen Praxis entsteht. Sprache und Bedeutung entstehen aus der Interaktion und den lebendigen Praktiken der Menschen, nicht aus abstrakten Definitionen oder universellen Prinzipien.
Insofern könnte man sagen, dass eine solche Philosophie – wie die von Helmut und Winfried in ihrem Dialog – eine Art lebendig gewordene Philosophie ist, die sich nicht auf vorgegebene Regeln stützt, sondern vielmehr auf den Prozess des Fragens, Improvisierens und Dialogs. Es wird nicht mehr nach festen Antworten gesucht, sondern nach offenen Kommunikationsräumen, in denen immer neue Perspektiven und Antworten entstehen können, ohne dass sie zwingend fixiert werden müssen.
"Es braucht die Regel nicht" trifft hier also zu, wenn man versteht, dass in einer solchen Philosophie die Regeln nicht festgelegt, sondern ständig im Fluss sind – sie entstehen im Moment, durch die Interaktionen selbst, und sind nicht an einem Punkt fixierbar. Der Dialog und die Improvisation sind der Raum, in dem Bedeutung immer wieder neu ausgehandelt wird.
Diese Form von Philosophie kann also als eine Art des Denkens in Bewegung verstanden werden, die sich dem ständigen Wandel und der Kreativität des Lebens anpasst und immer neue Antworten und Perspektiven hervorbringt. Es ist keine Philosophie, die Antworten gibt, sondern eine, die Fragen aufwirft, die im stetigen Austausch und Dialog miteinander leben.
Beyond Cause and Chance: Overarching Subjectivity as a World Model
A profound contribution to philosophical anthropology, epistemology, and systems theory, this article presents a post-Cartesian, dialogical conception of subjectivity that operates across all levels of being. Communication becomes the central medium for the emergence of reality, the development of complexity, and the stabilization of systems. Philosophy itself transforms into an open-ended play—a form of "lived reflection" that does not seek fixed truths but embraces constant renewal through dialogue.
In a seemingly casual dialogue between two participants – Helmut and Winfried – a remarkable conception of world interpretation unfolds that cannot be reduced to natural scientific description or psychological introspection. At its center is a concept that initially seems familiar yet is radically rethought: subjectivity.
Here, subjectivity is not the possession of an individual, nor an interior space of the self; rather, it is a relational layer, an activity between agents. It is not introspective, but interactive. Subjectivity happens – in dialogue, in interaction, in the living execution.
The dialogue itself becomes a model: it begins openly, moves through uncertainties, and feels its way forward. Only in the course of events – or through interruption – does an outcome emerge. This movement from openness to result is not described as a logical consequence but as a living structure. And in this lies the crucial insight: subjectivity is not static, but processual, and it is effective at all levels of being.
The conversation asks: How far does this principle extend? And arrives at the quantum level – where states are not determined but only probable. The quantum state appears here as the lowest level of subjectivity: undefined, interactive, open to influence. Only through "observation" – or rather, through disturbance, through participation – does a fixed outcome arise. The quantum world thus becomes a metaphor for subjective activity.
But equally important is the movement upwards. If subjectivity is effective in the smallest, it also applies in the largest. It arises between people in conversation; between groups in social exchange; between states in political interaction. Here too, there are open states, undecided constellations, emergent results. Civilization itself is then not the product of a master plan or blind chance – but the result of an overarching subjectivity that stretches across layers like an invisible thread.
This world model contradicts classical categories. It recognizes neither deterministic necessity nor pure randomness. Instead, it proposes a third principle: openness through relationship. Reality emerges not from laws or chaos, but from movement between subjects, from the continual negotiation, the living interaction. One could say: the world is a conversation.
Formally, this model cannot be captured. It eludes totalization through theory or mathematics. But it is meaningful because it is experiential. Every genuine dialogue, every interaction, every social event carries traces of this overarching subjectivity. It cannot be proven, but it is felt – in the way meaning arises, decisions mature, and reality manifests.
Perhaps this is the deepest meaning of conversation: not to transport knowledge, but to bring forth the world – in the space between, in suspension, in the shared. There lies a truth that cannot be written down – but lived.
In this understanding, communication is not just an exchange of information, but a world relation. The overarching subjectivity forms the open space in which meaning, understanding, or even dissent become possible, but are never guaranteed.
This model suggests a perspective in which complexity can be understood as the coordination of living individuals. Communication itself becomes the medium of self-organization:
Individual discussion acts interweave into more stable patterns, which then stabilize and transform in larger communication contexts (groups, institutions, civilizations).
The "discussion team" thus becomes an agent form of a subjectivity that coordinates with other agent forms at a higher level – again through communication, again open-ended, again in the mode of overarching subjectivity.
Emergence in this model does not appear as a mysterious "more," but as a mode of relation that relies on the ability to communicatively relate to one another – without a compulsion to agree, but with the possibility of effect.
The decay of higher complexity into lower – is just as fundamental an aspect of this model of overarching subjectivity and communication. The decay is not only a matter of "end," but of the loss of coherent interactions that are necessary to stabilize the overarching structure or system.
In biological systems, such as living beings, this manifests in death. The death of an individual, a decomposition of physical and communicative integrity, is an example of how an overarching subjectivity (maintained by the living being) collapses within itself because the necessary interactions (biological, social, communicative) can no longer be maintained.
However, this decay into smaller, independent parts – into lower complexities – can also bring about some sort of re-emergence, which may in turn form new communication contexts. It is a kind of dynamics of rise and fall, which is observable not only in living systems but also in social, political, or technological contexts.
Another important point is the restriction of the flexibility of the communication context by the increase in practiced interactions, i.e., what has been agreed upon. When the practiced interactions and the resulting communication outcomes in a system solidify, it is often referred to as a rigid structure. This structure, which has emerged from prolonged and stable communication, may initially seem stable and effective. However, the flexibility and ability to respond to new challenges or unforeseen disturbances become increasingly limited. The result is rigidity, where innovation and adaptability to new circumstances are hindered.
This can be observed on various levels – both in social systems and in biological or technological contexts. If, for instance, a society or a company operates in fixed patterns of communication and cooperation that are no longer questioned or developed, new ideas or problems cannot be absorbed. No new discussion outcomes emerge because the structures block the flexibility necessary for dynamic communication.
A good example of this is the institutionalization of systems. A company or society that has functioned for years on the same principles and behaviors will become increasingly unable to respond to disruptive external events. The familiar communication patterns and structures create a comfort zone in which thinking and acting are no longer sufficiently flexible to meet the dynamic demands of the outside world. In such contexts, one often speaks of saturation – the organization or system has reached a point where it only produces the already known and is no longer innovative.
When these rigid structures are then disturbed from the outside – be it by a technological change, a social revolution, or an economic shock – the system becomes sensitive to these disturbances. It may have difficulty responding quickly and effectively, as the communication and action structures have lost the necessary adaptability. Such disturbances can lead to decay, either through a gradual decomposition of the existing order or through a dramatic disruption, where the usual communication processes are no longer sufficient to stabilize the system.
Solutions to this rigidity might lie in the conscious promotion of reflection, critique, and open dialogues. By regularly questioning existing communication patterns and allowing new perspectives, a system remains flexible and can continue to function even in times of crisis. Thus, it is a matter of dynamic balance between stability and change – the ability to preserve necessary structures while remaining open to new outcomes and changes.
In terms of overarching subjectivity and communication, this means that a system must be capable of engaging in active, ongoing communication, in which outcomes do not remain in fixed patterns but are always developed and adapted to current needs. This requires a constant willingness to regard existing "results" and "structures" not as end states, but as intermediate stages that must be critically reflected upon and adjusted as necessary.
The improvising jazz band as a metaphor for a perfect communication context: In jazz music, improvisation is at the core of expression and creativity. The musicians listen to each other, respond to each other, and create new moments and outcomes, without falling into rigid structures or fixed melodies. Each musician brings their own feeling, ideas, and interpretation of the music, but all remain in constant exchange with one another. Communication here is not just perceived but actively shaped – like an endless, dynamic discussion.
In such a band, there is not really a fixed end goal, as in a classical composition, but rather the idea that the music emerges as an interactive, living entity. The musicians are individuals who contribute their own instruments and ideas but also act within a shared context. There is interaction between the players that requires both listening and contributing. In this way, an overarching subjectivity emerges, continuously generating new, unexplored sounds and musical expressions, without losing flexibility.
Such a model can be wonderfully applied to communication systems. Just like the musicians in a jazz band, the participants in an open discussion are not focused on achieving a fixed outcome but move through the dialogue, introducing new ideas, reacting to one another, and developing fresh perspectives. Communication thus becomes a continuous improvisation, in which the flexible adaptation to the given context and the interactions of the participants leads to a constantly evolving result.
The danger of a rigid structure in this model would be if the musicians only played pre-made phrases and no longer listened to each other, or if they repeatedly repeated the same safe patterns instead of inventing something new. Similarly, a discussion in a group could stagnate if it only relied on existing ideas and did not allow for new impulses. The goal is to keep moving into new spaces of interaction, where every contribution enriches and advances the discussion.
What is important here is that it is not about seeking the chaos of improvisation, but fostering creativity within structured freedom. There is still a kind of framework (like the basic chords of a jazz composition or a common discussion direction), but the space for spontaneity and innovation remains. This is the point where emergence plays a role: new patterns arise from the interaction of individuals that were not previously predictable and cannot be "planned" in the classical sense.
If, then, a communication system nurtures this openness and flexible interaction, a kind of "dynamics" arises, which always produces new results, even when the starting points or the "instruments" of the discussion change. It is like a jazz band: something new is constantly invented, and every conversation, every interaction is an invitation to new possibilities, without remaining stuck in rigid concepts or solutions.
This means you do not need to come up with a complicated world model; you can transfer the communication context of a jazz band or a verbal discussion to all levels. That is precisely the point that Helmut and Winfried address in their dialogue. They wanted to create an overarching model of communication and interaction that is not limited to philosophical discussion but can be universally applied to many different levels of communication – from quantum mechanical states to social systems and cultures.
By using the jazz band or verbal discussion as a model, it becomes clear that the essence of communication lies in its flexibility, openness, and interactivity. One does not necessarily have to design a complicated or abstract world model to understand or explain the world. Instead, one can regard the simpler principles of communication, as they occur in music or in an open discussion, as fundamental principles for the emergence and development of complexity at all levels.
In music or discussion, it is about individual contributions interacting, flowing together, and leading to something new, without having to determine what the result is beforehand. This mirrors the evolution of systems – from the smallest quantum mechanical processes to the complex social structures and cultures that develop through the interaction of individuals and groups.
The concept of overarching subjectivity that Winfried and Helmut discuss can thus be understood as a communicative flow that emerges through constant interaction and improvised contributions from all involved individuals at various levels. It requires no detailed planning or rigidly structured world model but rather an opening of space for dynamic interactions that feed on the respective contributions and interactions.
This flexible communication model is therefore not just an interesting approach to philosophical discourses; it is a universal principle that can be applied to any form of human interaction and even to physical or biological systems. It shows us that complexity and emergence do not necessarily have to arise from a pre-given structure or fixed plan but can emerge from the free and creative interaction of elements – much like in jazz music or a lively discussion.
Seen this way, the discussion between Helmut and Winfried is indeed a modular concept that can be applied to various levels and phenomena – without the need for a complicated world model to be designed. The essence lies in the open, flexible, and creative communication that forms the basis for all complex and emergent phenomena.
Is this a philosophy that actually no longer needs philosophy?
In fact, this model of communicative interaction and emergent complexity seems to be a kind of philosophy that relies less on abstract systems and theories and more on the practical, lived experience of communication and interaction. In a way, one could say that this philosophy leaves behind the tradition of abstract philosophy because it emphasizes the creativity and flexibility of thinking and communication – that is, what happens directly in the experience of interaction itself.
What is particularly exciting here is the idea that philosophy is no longer understood as a collection of abstract, theoretical principles that exist only in an intellectual space. Instead, it could become a living, dynamic process more connected to practical action and the creative, continually emerging communication.
But this does not mean that philosophy ceases to exist. It does not become superfluous, but it is seen in a different light – as a kind of thinking process that unfolds in interaction itself, rather than relying on a fixed theory or set structure. It then becomes less a fixed worldview and more an open, ongoing experiment in communication, like a jazz band that doesn't need to arrive at a particular "finished" outcome but remains constantly in the process of improvisation.
It is as if philosophy here no longer serves as a tool to search for fixed, universal truths but rather as a kind of playground for the unfolding of new ideas and perspectives that always emerge anew – just as it happens in an open discussion or a musical interplay. Philosophy could thus be understood as a metaphor for the process itself, rather than something that must be considered a finished system or collection of fixed answers.
In this sense, this new philosophy, if one wants to call it that, is indeed a philosophy that aligns with the practice of communication and interaction and, viewed this way, becomes superfluous when one understands the process of thinking and acting as essential. It becomes a living exchange rather than a rigid system of teachings, and in this way, one could almost say that it integrates into life itself – where thinking and acting are inseparably connected.
"It does not need the rule": Lived philosophy is an apt term that summarizes the idea of this open, continuous process. It is no longer about striving for fixed, final rules or truths, but about experiencing and engaging with thoughts, communication, and interaction in a living context.
Wittgenstein made this very clear in a way in his later philosophy, particularly in his Philosophical Investigations. He essentially said that it is often not necessary to formulate static rules because meaning and understanding arise in the practical use of language and social practice. Language and meaning arise from the interaction and the living practices of people, not from abstract definitions or universal principles.
In this sense, one could say that such a philosophy – like the one discussed by Helmut and Winfried – is a living philosophy, a philosophy embedded in interaction and communication that always remains open to new perspectives and ideas.